Rede zum Antrag und Alternativantrag zum Bau einer bundesligatauglichen Sporthalle O1

K. May

Sehr geehrte Damen und Herren,

sicher ist, dass sich die Debatten in Eisenach immer am meisten entzünden, wenn es um das Bauen in unserer Stadt geht und nicht weniger um das Geld. Das eigentlich Wichtigedabei gerät aber häufig aus dem Blick, nämlich der städtebauliche Aspekt. Nebenbei bemerkt bin ich Mitglied im Förderkreis zur Erhaltung Eisenachs e.V. , und dadurch sind meine Ansichten selbsterklärend für das, was ich Namens unserer Fraktion hier sagen möchte.

Alle waren wir doch angetan von dem Entwurf Halle und Berufsschule in dem Industriedenkmal O1 zu vereinen. Es sah gut aus, mehrere Probleme würden gleichzeitig gelöst werden und der Entwurf aus dem Wettbewerb wurde für Wert gehalten, weiter verfolgt zu werden. Das der Stand jetzt so ist, erst einmal die Sporthalle in das O1 zu integrieren und die freien Räume dann im Weiteren für spezielle Sportarten zu nutzen, ist das Ergebnis von Gesprächen, aus denen dieser Entscheid hervorging.
Deshalb kann man nun den Zeitfaktor nicht bejammern.

Das Automobilwerk mitten in der Stadt war auch ! ein städtebauliches Problem. Es geht zurück auf den ungebundenen, entfesselten Unternehmerkapitalismus - das ökonomische Prinzip des Bürgertums, das im 19. Jahrhundert seinen Anfang nahm und später eben dieses Bürgertum versuchte, das verursachte Unglück des wilden Bauens mit ästhetischen Mitteln zu heilen. In unserer Stadt, bedingt durch ihre Lage und der Überlassung von Industriebrachen an windige Investoren bzw. durch den umständlichen Rückerwerb der Flächen auf dem AWE-Gelände vom Bund, war das schlechterdings ein schwieriges Unterfangen.

Nun da die Fläche frei ist, geht es um eine Konsequenz daraus:

  • Es geht um die Konsequenz des planvoll Schönen im Städtebau ! ! ! 

Mit den nun frei gewordenen industriellen Flächen und ihre Rückübertragung in den Besitz der Stadt ist eine einmalige Chance eröffnet, planvoll Schönes im Städtebau umzusetzen, eine gute Anbindung der Nordstadt an die Innenstadt zu verwirklichen und
das Areal so zu gestalten, dass hier das Zweckmäßige und das Schöne im Verein dazu führt, dass hier ein ansprechender , von der Bevölkerung gern angenommener Stadtraum entsteht, auch viel Grün mit Blick auf den Klimawandel und das Stadtklima. Den Anfang soll der zur Notwendigkeit gewordene Bau einer Sporthalle mit allen Anforderungen an Bundesligaspiele und der Nutzung für den Schul- und Vereinssport machen.

Und weil es um die Konsequenz des Zweckmäßigen in der Verbindung mit dem notwendigen planvoll Schönen auf diesem Platz geht, stützen wir den Antrag der Stadtverwaltung, die neue Sporthalle in das Industriedenkmal O1, wie vorgesehen, zu integrieren, dafür eine Konzeptstudie ohne die Berufsschule zu erarbeiten und zu versuchen, die Hälfte der Kosten über Bundesmittel zu finanzieren und die Landesmittel zu erhalten, die für diesen Plan vorgesehen und an ihn gebunden sind.

Und das begründen wir wie folgt:

Mit der Integration der Sporthalle in das O1 werden sieben Punkte berücksichtigt:
1. Die Sporthalle wird gebaut.
2. Das Industriedenkmal wird äußerlich erhalten und ein städtebaulicher Missstand beseitigt.
3. Die Sichtachsen zum O5 werden nicht verstellt und der Charakter der ursprünglichen Industriegeschichte bleibt, passend zum Automobilmuseum erhalten.
4. Das Vorhaben stärkt die Identität, die dieser Platz verkörpert.
5. Das Zweckmäßige der Sporthallenkonstruktion und das planvoll Schöne werden vereint.
6. Es bleibt künftig Raum für weitere Sporträume wie für den Polizeisport und für die Turner und auch andere Überlegungen , die man diskutieren kann.
7. Die freie Fläche neben dem O1 bleibt offen für weitere Gestaltungsmaßnahmen.

Meine Damen und Herren,
lassen Sie mich noch ein paar Aspekte hinzufügen, die unser Votum, sich für die Variante Halle in das O1 einzusetzen, untermauern soll.


Die ehemalige Produktionshalle O1 ist nicht nur ein denkmalsgeschütztes Industriegebäude. Es ist neben dem O5 und der einstigen Ostkantine der Ort, an dem mehrere Generationen ihr Arbeitsleben verbracht haben. Es ist der Ort ihres Schaffens,
ihrer Kreativität, ihrer Auseinandersetzungen und des Zusammenseins mit den Arbeitskolleginnen und Kollegen, auch über den Arbeitstag hinaus. Dann kam das Ende und damit auch das berufliche Aus für viele der ehemals 10 000 Beschäftigten. Nicht alle
fanden wieder eine Arbeit im neuen Opel Werk oder in den Zulieferbetrieben, sondern wurden arbeitslos oder gingen in den Vorruhestand. Wenn es so egal gewesen wäre, was aus dieser gelebten Vergangenheit wird, wäre nicht das Automuseum entstanden und nicht der Verein der ehemaligen Automobilwerker und der alten und neuen Freunde des Automobilbaus, die liebevoll die Oldtimer hegen und pflegen und ein reges Vereinsleben gestalten. Und das ist auch mit vielen Erinnerungen an ihre Arbeitsjahre und kollegialen Beziehungen verbunden ist, an Höhen und Tiefen im Arbeitsleben. Das hat auch das große Interesse gezeigt, als die OB zur Besichtigung der Halle aufrief. Die verbliebenen Industrieanlagen sind schlicht und einfach ausgedrückt ein Ort der Identifikation nicht weniger Menschen in unserer Stadt und darüberhinaus. Wenn eine Sporthalle neben dem O1 errichtet wird , wird das O1 weiter verfallen und schließlich abgerissen werden. Der Ort, der das Automuseum mit seiner Fassadenarchitektur hervorhebt, vom erhaltenen Torhaus aus auch schön zu sehen, diese Wirkung wird nicht mehr da sein, wenn die Sporthalle daneben das meiste verdeckt. (Parallell zueinander stehende Gebäude wirken außerdem langweilig.) Wir brauchen das Zurückkommen auf eine ältere Architektur wie dem O1, weil die nur moderne Architektur doch in sich selber etwas verkörpert von der Entfremdung und dem Erkalten der Welt, in der wir heute leben.

Auch das Argument, die Säulen im O1 stünden den Vorhaben entgegen, dann frage ich mich, ob die Machbarkeitsstudie eines Architekturbüros aus Eisenach für die Ursprungsvariante nur ein Placebo war, auf das man Luftschlösser bauen wollte.
Architekten und Bauingenieure wissen besser, wie es geht. Das hat mir auch Max von Trott versichert. Es ist ein bestimmtes Vorgehen des Bauens in solchen Objekten.

Weiter: Wenn man die 75.000,00 € für eine Projektstudie nicht ausgeben will, aber im Alternativantrag aufnimmt, dass sie für eine Zukunftsvision im O1 verwendet werden sollen, für ein Projekt also, dass vorläufig noch in den Sternen steht, dann kann man so
etwas nur machen, wenn mann meint, das geht mal so mit einem Bekenntnis des Stadtrates dazu, auf das man sich berufen kann; dann verbindet man in nicht zulässiger Weise den Bau einer neuen Sporthalle neben dem O1 mit der weiteren Entwicklung des städtebaulich sehr wertvollen Areals mit der notwendigen Fortschreibung des ISEK und der Diskussion mit den Bürgerinnen und Bürgern dazu. Da genügt keinesfalls ein administrativer Blick des Stadtrates auf die Zukunft. Die Menschen, die unserer Stadt
angehören, wollen kein Dekretieren des Stadtrates, sondern die konkrete Auseinandersetzung dazu, wie es auf diesem Stadtraum weitergehen soll.

Ich möchte am Ende meiner Rede noch einmal nachdrücklich dafür werben, etwas planvoll Schönes zu bauen und alles zu versuchen, dass es Wirklichkeit wird. Stimmen Sie zu, diesen Schritt endlich zu gehen und die bereits gewährten Zinsbeihilfen, verteilt über die Jahre bis 2024 abzurufen, ehe der Riegel der Tür dafür zugeschoben wird.